Kunst ist da, um gesehen zu werden. Aber warum sieht niemand ihre Not?
Der Kunstunterricht in der Grundschule fristet ein Nischendasein. Immer wieder begegnen mir in meinem Alltag Situationen, die deutlich machen, wie schlecht es um den Kunstunterricht an unseren Schulen steht.
Denn oben auf liegt immer die Frage danach, wie wir den Kindern lesen, schreiben und rechnen beibringen. Ja, das ist wichtig. Aber ist das wirklich alles, was Kinder der heutigen Generation für ihre Zukunft brauchen?
Der Fokus unseres Bildungssystems liegt ganz klar auf vielem anderen, aber nicht auf den musisch-ästhetischen Fächern. Dies entspricht auch dem Stand dieser Fachdisziplinen in unserer Gesellschaft – sie sind eher unscheinbar vertreten und nur einem sehr geringen Teil unserer Mitmenschen zugänglich. Dadurch wird die Not der Kunst, die sich durch den aktuellen Lehrkräftemangel zusehends verschärft, schlicht und ergreifend nicht wahrgenommen.
Doch fehlt es nicht nur an Kunst-Lehrkräften und systematischen Datenerhebungen, um diese Misere überhaupt erst sichtbar zu machen, sondern auch an Forschung, Literatur und gute Ressourcen im Netz, von denen auch eine KI lernen könnte.
Zu wenig Kunstlehrkräfte an Grundschulen
Es ist keine Seltenheit, dass es in einem Grundschulkollegium nicht eine einzige ausgebildete Kunstlehrkraft gibt. Ich selbst durfte mein Referendariat an solch einer Schule absolvieren. Aufgrund dieser Unterversorgung mangelt es, neben einem qualitativem Unterricht, an hochwertigen Materialien und Werkzeugen, an anregenden, gepflegten Kunsträume, regelmäßigen Kunst-Fachkonferenzen, Kooperationen mit Museen und Mentor:innen für Referendar:innen. Es ist dringend nötig, ausgebildete Kunst-Lehrkräfte gezielt für Grundschulen ohne Fachexpertise zu gewinnen. Sie sollten umfassend für die Unterrichtsversorgung im Fach Kunst eingesetzt werden und ihre kunstpädagogische Expertise im Schulleben implementieren.
Zu wenig Forschung und Literatur
Für die Sekundarstufen I und II gibt es vergleichsweise viele wichtige Fachbücher für den Kunstunterricht. Blicken wir jedoch auf die Grundschule, bin ich erschrocken über den Großteil der Hefte und Bücher, die für diese Stufe erschienen sind. Qualitativ hochwertiger Kunstunterricht sieht anders aus, als es uns viele Verlage verkaufen wollen. Dass dieses Angebot der Verlage überwiegend durch die Nachfrage von Lehrkräften bestimmt wird, die das Fach Kunst nicht studiert haben und fachfremd unterrichten, verzerrt das Bild von gutem Kunstunterricht. Die Spielregel des Marktes „Die Nachfrage bestimmt das Angebot“ bringt Kunstunterricht in Not. Eine weitere Ursache für dieses verzerrte Bild von Kunstunterricht ist auch die wenige Forschung in der Kunstpädagogik, insbesondere in der Grundschule. Deshalb brauchen wir mehr Menschen, die sich für eine akademische Laufbahn an Universitäten entscheiden!
Zu wenig gute Ressourcen im Netz
Ob über Social Media oder Eduki – das veraltete Bild von Kunstunterricht, in dem z.B. Klassenzimmerdeko passend zu den Jahreszeiten gebastelt wird oder sorgfältige Zeichenfertigkeiten hohe Anerkennung erfahren, hält sich wacker und ist tief im Denken vieler Menschen verankert. Nicht immer, aber häufig ist das Internet daher eine sehr trügerische Fundgrube für fachfremde Lehrkräfte. In letzter Zeit unterhalte ich mich häufiger mit ChatGPT, z.B. über PDF-Dateien, die ich hochlade, oder über Unterrichtsideen, die ich im Dialog mit der KI entwickle. Leider muss ich feststellen, dass die Antworten in Bezug auf Kunstunterricht in der Grundschule nur selten zufriedenstellend sind. Denn es gibt auch für die KI zu wenig gute Ressourcen im Netz, mit denen sie lernen könnte.
Zu guter Letzt gibt es folgendes Problem:
Keine systematischen Datenerhebungen über die Qualität von Kunstunterricht an unseren Schulen
Die bisherige Aussage beruhen auf meinen persönlichen Erfahrungen als Kunstlehrerin und Ausbilderin für Referendar:innen. Ich erlange durch meine Arbeit viele Einblicke in verschiedene Schulen und genieße dank des Internets den Austausch mit anderen Ausbilder:innen, auch über die Bundeslandgrenze hinweg. Es gibt jedoch keine offiziellen Daten, die verdeutlich würden, wie viel Kunstunterricht tatsächlich an den deutschen Schulen stattfindet, wie viele Stunden ausfallen, wie viele der Kunststunden von fachfremden Lehrkräften unterrichtet werden, wie viele Schüler:innen in ihrer Schulzeit ein Kunstmuseum besuchen, wie viele Kunstlehrkräfte bald in den Ruhestand gehen oder wie viele angehende Lehrkräfte nachkommen. Es ist längst überfällig, umfassende Daten rund um den Einsatz von Kunstlehrkräften und die Qualität von Kunstunterricht an Schulen zu erfassen und nachhaltige Schlüsse daraus zu ziehen, so wie es auch im kürzlich erschienen SWK-Gutachten zur „Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht“ empfohlen wird.
Zusammenfassend sind dies alles Gründe, die mich dazu bewogen haben meinen Blick auf guten Kunstunterricht in der inklusiven Grundschule auf diesem Blog zu teilen.
So viele Gedanken und Ideen, so viel zu erzählen und zu hinterfragen, zu reflektieren und neu zu sortieren. Auf diesem Blog möchte ich mir den Raum dafür nehmen und ich freue mich, wenn ich andere Lesende für die Kunst begeistern oder einfach zum Nachdenken anregen kann.

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